Unterricht im „virtuellen Klassenzimmer“

Unterricht im „virtuellen Klassenzimmer“

Viernheim

INTEGRATION VEREIN LERNMOBIL UND STÄDTISCHE JUGENDFÖRDERUNG SETZEN BEI KURSEN AUF DIGITALE KANÄLE / FAMILIEN VERFÜGEN ÜBER ZU WENIGE GERÄTE

09. Juni 2020 Autor: Sandra Usler

Im Austausch über Onlineangebote zur Leseförderung (v.l.): Lars Prechtl, Christine Kieser, Sabine Ruth, Cathrin Brinzing, Brigitta Eckert und Larysa Kay-Kulakowski.

Viernheim.Durch die Corona-Einschränkungen wurde die Leseförderung an den Schulen sowie die Hausaufgabenbetreuung abrupt unterbrochen. Die Jugendförderung der Stadt und der Verein Lernmobil haben aber inzwischen Pläne entwickelt, wie sie ihre entsprechenden Angebote unter anderem online fortsetzen können.

Die aktuelle Situation beschreibt Sabine Ruth, Leiterin der Jugendförderung, folgendermaßen: „Wir sind in einer besonderen Lage und arbeiten in einer besonderen Form.“ Christine Kieser, Abteilungsleiterin Hort am Treff im Bahnhof (TiB), sorgt sich zum Beispiel darum, ob die Aufgabenblätter und Arbeitsaufträge aus den Schulen überhaupt bei den Kindern ankommen. Deshalb wurde und werde „viel telefoniert und nachgefragt“, bestätigt Brigitta Eckert, Geschäftsführerin des Vereins Lernmobil. Inzwischen sind zahlreiche Schüler wieder vor Ort im Hort. Die Wochenpläne und Unterrichtsmaterialien der Nibelungenschule lägen der Hausaufgabenbetreuung vor.

„Wenn die Schüler mit ihren Ansprechpartnern telefonieren, wissen die Betreuer, von welchen Aufgaben die Schüler sprechen“, berichtet Christine Kieser. Eine Hürde beim Homeschooling sei die technische Ausstattung, die oft unzureichend sei. „Manche Familien haben keine Computer, Laptops, Tablets oder nur ein Gerät. Die Eltern können den Kindern aufgrund eigener geringer Sprachkenntnisse nicht weiterhelfen“, erklärt Eckert.

Videokonferenz zur Leseförderung

Um die Leseförderung auch digital zu gewährleisten, hat Cathrin Brinzing ein entsprechendes Angebot ausgearbeitet. Bei einer Videokonferenz wurden 21 Familien in die digitale Leseförderung eingeführt. „Da haben Geschwister in die Kamera gewunken oder die Omas mussten Hallo sagen“, so die Fachleiterin des Leseförderzentrums. An den weiterführenden Schulen, Friedrich-Fröbel- und Alexander-von-Humboldt-Schule, ist die Jugendförderung für die Leseförderung zuständig. Lars Prechtl hat in der Corona-Krise über verschiedene Medien Kontakt mit den Schülern gehalten, die nun online gefördert werden. „Auch Leseförderkräfte und die Intensivlehrer werden in die digitale Leseförderung eingebunden“, sagt Prechtl.

Nicht nur die Kinder und Jugendlichen, auch die Erwachsenen werden digital geschult – die Berufssprachkurse des Lernmobils werden in „virtuellen Klassenzimmern“ angeboten, die Integrationskurse können mithilfe von Online- Tutorien absolviert werden. „Die Eltern haben die gleichen Probleme wie die Kinder“, berichtet Larysa Kay-Kulakowski, Fachbereichsleiterin Erwachsenenbildung beim Lernmobil. Es sei schwierig, Personen mit Sprachbarrieren digitale Medien nahezubringen. Von den 300 Sprachkursteilnehmern im Kreis Bergstraße besäßen nur 15 einen Laptop. Die anderen nutzen Smartphones, die eigentlich ein zu kleines Display haben. Für die digitale Leseförderung und die Sprachkurse werden daher Tablets, Laptops oder Geldspenden benötigt, um entsprechende Geräte anschaffen zu können. Die Leseförderung entstand während der Flüchtlingskrise 2015 als außerschulisches Angebot in den Intensivklassen der Alexander-von-Humboldt- Schule und der Friedrich-Fröbel-Schule. Seit 2016 besteht die Leseförderung auch im Hort am TiB.

© Südhessen Morgen, Dienstag, 09.06.2020