„Ich habe immer ein offenes Ohr“

„Ich habe immer ein offenes Ohr“

VIERNHEIM

SERIE „PFIVV“ SHEREEN OTHMAN BERÄT ALS INTERKULTURELLE VERMITTLERIN IM JOBCENTER FLÜCHTLINGE AUF ARABISCH UND ENGLISCH

Bild: Shereen Othman floh 2002 aus Palästina. Die Situation heutiger Flüchtlinge kann sie daher gut nachvollziehen.
© Corina Busalt

Shereen Othman lebt seit 18 Jahren in Deutschland und seit 17 Jahren in Viernheim. Seit neun Jahren arbeitet sie ehrenamtlich beim Projekt für Interkulturelle Vermittlung in Viernheim – kurz PfiVV. In Deutschland hat sie ihren Mann kennengelernt und ihre vier Kinder bekommen. Seit wenigen Wochen ist Othman nun offiziell als deutsche Staatsbürgerin anerkannt.

Mit Tausenden fliehen sie nach Jordanien zum Flughafen, steigen in ein Flugzeug mit dem Ziel Deutschland. Nach einem Jahr in der Flüchtlingsunterkunft, in der Shereen Othman auch ihren späteren Mann kennenlernt, zieht sie nach Viernheim, ihre Schwester nach Lampertheim. Für beide beginnt ein neues Leben. „Es hat lange gedauert, bis ich einen Platz in einem Deutschkurs erhalten habe“, sagt Shereen Othman. Damals sei das Angebot noch nicht so groß gewesen wie heute, und Flüchtlinge hätten zunächst auch kein Anrecht darauf gehabt. In den ersten Jahren in Deutschland brachte sich Othman die deutsche Sprache selbst bei. „Ich habe Zuhause Radio gehört und Fernsehen geschaut“, sagt sie. Ihre Kinder seien zu dieser Zeit in den Kindergarten gekommen. „Ich musste unbedingt Deutsch lernen, ich wollte mich ja mit anderen verständigen können“, sagt sie.

Erste Arbeitserlaubnis

2007 erhielt Othman dann ihre erste Arbeitserlaubnis und fand eine Stelle bei einem Fast-Food-Restaurant. 2009 bekam sie ihre Aufenthaltsgenehmigung, nahm an einem B1-Sprachkurs des Vereins Lernmobil teil – und wurde vom Fleck weg für PfiVV engagiert. „Ich habe mich so gefreut, als ich gefragt wurde, ob ich Interkulturelle Vermittlerin werden möchte“, erinnert sie sich. Nach der Ausbildung absolvierte sie noch einen Kurs als Elternassistentin an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg.

Bei PfiVV war sie zunächst für Eltern zuständig, die Fragen zum deutschen Schulsystem hatten. Als aber 2015 viele Flüchtlinge nach Deutschland und auch nach Viernheim kamen, nahm sie eine Vollzeitstelle in der damaligen Erstaufnahmestelle in der Werkstraße an. Dort war sie sieben Monate lang für die Kinderbetreuung zuständig. Diese Zeit habe sie geprägt, erinnert sie sich. „Ich weiß selbst, wie es ist, aus seinem Heimatland fliehen zu müssen. Für manche bleibt es ein Leben lang schwierig.“

Nach der Schließung der Erstaufnahmestelle bot ihr die Stadt Viernheim eine Teilzeitstelle an. Dort arbeitet sie seitdem drei Mal in der Woche im Büro für Neuzugezogene und ist Ansprechpartnerin in allen Lebenslagen. Für PfiVV bietet sie ehrenamtlich ein Mal in der Woche eine Sprechstunde auf Arabisch und Englisch im Jobcenter an und kümmert sich um finanzielle und berufliche Angelegenheiten. „Ich habe immer ein offenes Ohr für alle Probleme, bin aber nicht für alle Angelegenheiten zuständig“, sagt sie.

Shereen Othman freut sich, dass es für Flüchtlinge heute so viel mehr Angebote gibt als zu der Zeit, als sie nach Deutschland kam. „Auch Interkulturelle Vermittler gab es damals nicht“, sagt sie. Sie und ihre Schwester hätten sich während ihrer ersten Zeit in Deutschland oft allein gefühlt. Nur der Patenonkel habe sich um sie gekümmert. „Umso schöner ist es, dass es Flüchtlingen heute in Deutschland um einiges besser geht.“