08 Feb Großer Schritt zum Ganztag
LAMPERTHEIM
BILDUNG SCHILLER- UND PESTALOZZISCHULE HABEN BETREUUNG AUF „PAKT FÜR DEN NACHMITTAG“ UMGESTELLT
27. Januar 2021 Autor: Kevin Schollmaier
Paradebeispiel für den Schritt zum „Pakt für den Nachmittag“: die Lampertheimer Pestalozzischule (unser Bild entstand 2017).
© Berno Nix
„Quadratisch, praktisch, gut“ – so nennt Jens Klingler eines der letzten Dokumente, das er im Namen der Stadt Lampertheim unterzeichnet. Es ist eine Vierecksvereinbarung zwischen dem Land Hessen als Bildungsverantwortliche, dem Kreis Bergstraße als Schulträger sowie Stadt und Viernheimer Lernmobil als operative Träger des Betreuungsangebots. Damit sind die Schiller- und Pestalozzischule als dritte und vierte Lampertheimer Einrichtung bereits zu Schuljahresbeginn dem „Pakt für den Nachmittag“ beigetreten.
Das landesweite Angebot ersetzt nicht nur die Nachmittagsbetreuung, sondern soll erstmals Bildung und Betreuung, also Vor- und Nachmittag, „flächendeckend und passgenau“ miteinander verzahnen. Obendrein verspricht das Land eine Platzgarantie. „Damit sind wir in Sachen Ganztag, also der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ein gutes Stück vorangekommen“, betont Gerd Baltes, der als Lernmobil- Geschäftsführer mitverantwortlich für die Betreuung an allen vier „Pakt-Schulen“ ist. Als Sozialdezernent und Erster Stadtrat hat Jens Klingler die Entwicklung vom reinen Vormittagsunterricht hin zum Ganztagsangebot begleitet. Dass die symbolische Unterzeichnung per Videokonferenz just in seine letzten Amtstage fällt, ist aber Zufall. Tatsächlich ist die Tinte unter dem Papier schon seit Monaten trocken, der Pakt wird seit August umgesetzt. Die Entwicklung der Corona-Pandemie habe eine Unterzeichnung vor Ort nicht zugelassen – deshalb holten die Verantwortlichen das nun digital nach.
Paradebeispiel der Umstellung
Die Pestalozzischule kann als eine der kräftig wachsenden Schulen im Kreis als Paradebeispiel für die Umstellung gelten. Drei Jahre hat der Wechsel vom „Familienfreundlichen Kreis“ über „Best Kids“ hin zum Pakt gedauert. Der Trägerverein, der das Betreuungsangebot bisher organisierte, hat sich aufgelöst. Auch, weil „Ehrenamt den Bedarf als Arbeitgeber in dieser Größenordnung irgendwann nicht mehr leisten kann“, wie Klingler erklärt.
Der Pakt ist 2015 in eine Pilotphase gestartet mit dem Kreis Bergstraße als einer von sechs beteiligten Landkreisen, die Goetheschule stieg schon 2017 als Vorreiter in Lampertheim ein. Zu den früheren Angeboten gibt es laut Landrat Christian Engelhardt drei maßgebliche Unterschiede. Waren Unterricht und Betreuung bisher zumindest formell getrennt, seien die Bereiche nun besser miteinander verbunden.
Lehrer und Betreuer agieren als feste Tandems. Außerdem steigt das Land neben Kreis und Stadt als Co-Finanzier ein, die Zuschüsse richten sich nach der Gesamtschülerzahl und den gebuchten Modulen. Eltern können zwischen bis zu fünf verschiedenen, zeitlichen Modellen auswählen, das Land gewährt eine Platzgarantie. „Es ist wichtig, dass wir den Eltern an jeder Schule einen verlässlichen Platz bieten“, so der Landrat. Einen weiteren Vorteil sieht Gerd Baltes in der Standardisierung der
Zeiten: So habe man an den Lampertheimer Schulen gleiche Voraussetzungen. Das „herausragende Merkmal“ aber sei die sogenannte „Lernzeit“. Sowohl die Schiller- als auch die Pestalozzischule haben darauf einen Großteil ihrer hinzugewonnen Mittel verwendet. Denn die Schulen können selbst entscheiden, wie viel der Landeszuschüsse sie in Lehrerstellen oder in Geld möchten. In der Praxis bedeutet das: Zeit, in der alle Schüler in kleinen Förder- und Fordergruppen mit Lehrern und festen Plänen individueller lernen können. Hausaufgaben fallen dafür an vielen Tagen weg. Davon, erklären die Schulleiterinnen Michaele Ohse-Beck und Annette Wunder-Schönung, profitieren alle Schüler – nicht nur diejenigen, die für die Betreuung angemeldet sind.
Stabile Anmeldezahlen
Herausgekommen sei eine „runde Sache“, wie Ohse-Beck sagt. Auch ihre Kollegin von der Innenstadtschule berichtet von „stabilen Anmeldezahlen – trotz Corona“. In
der Pestalozzischule sind die zwar von anfangs 140 auf 112 zurückgegangen und auch geplante Kooperationsangebote mit Sportvereinen oder der Bibliothek (Schillerschule) lägen aktuell auf Eis. „Doch die Pläne liegen alle schon in der Schublade“, sagen die Rektorinnen. Sie hoffen, dass sie mit dem neuen Schuljahr richtig starten können.
© Südhessen Morgen, Mittwoch, 27.01.2021