Lernmobil stellt sich Herausforderungen

Lernmobil stellt sich Herausforderungen

Kursleiter Pawel Karnowski unterrichtet die Sprachschüler über den Computer. © LERNMOBIL

Viernheim. „Integration kann nicht warten, aber die Arbeit hat sich verändert“, sagt Dr. Brigitta Eckert. Seit über einem Jahr organisiert der Verein Lernmobil seine verschiedenen Angebote in den Bereichen Kinderbetreuung und Sprachkurse neu – und greift dabei vor allem auf den Computer zurück. Dabei war das anfangs nicht so einfach, denn es gab weder ein Programm für alle Anforderungen noch genügend digitale Endgeräte bei den Teilnehmern.

Mit der Schließung der Schulen und dem Absetzen aller Bildungsangebote wegen der Corona-Krise endete plötzlich auch der persönliche Kontakt im März 2020. „Zu dem Zeitpunkt haben wir rund 700 Kinder in den Schülerbetreuungen gehabt und rund 300 Schüler in den Sprachkursen, dazu 104 Mitarbeiter plus etwa 30 Freiberufler“ erinnert sich Dr. Brigitta Eckert, pädagogische Leiterin und Geschäftsführerin des Lernmobils.

Damit Sprachkurse, Leseförderung oder Migrantenberatung laufen konnten, wurde eine digitalePlattform gesucht. Letztlich entschied sich das Lernmobil für „Teams“ von Microsoft. „Bei der Einrichtung mussten wir uns selbst helfen“ berichtet Larysa Kay-Kulakowski, verantwortlich für den Erwachsenenbereich. Doch es gab weitere Hürden: Die Sprachlehrer hatten nur Erfahrungen im Präsenzunterricht und mussten erst für den Online-Unterricht geschult werden – zunächst technisch, dann auch methodisch-didaktisch. Den Sprachschülern, über 300, wurde am Telefon der Zugang zum Programm erklärt. „Viele standen noch am Anfang ihres Sprachunterrichts, so dass wir diese Anrufe in verschiedenen Sprachen machten“, sagt Kay-Kulakowski.

Der nächste Punkt war die fehlende Technik, wenn weder Computer noch Internet zuhause verfügbar waren. Durch einen spontanen Spendenaufruf kamen gebrauchte Laptops und neue Tablets für die Sprachkursteilnehmer zusammen. Benachteiligt seien die Teilnehmer der Alphabetisierungskurse: „Es ist schwierig, wenn man auch in der Muttersprache nicht lesen und schreiben kann.“

„Anfangs haben wir den Kindern über Smartphones vorgelesen“, berichtet Cathrin Brinzing von der Leseförderung. Auch in diesem Bereich wurden Endgeräte an Kinder ausgeben. Die ersten Themen hätten sich von selbst ergeben: „Die Kinder wollten unbedingt Texte darüber lesen, was gerade passiert“, weiß die Verantwortliche. Inzwischen hätten sich die Kinder und Jugendlichen an die Methodik gewöhnt. „Wir wollen die Arbeit mit Padlets beibehalten oder Online-Bücher, die Kinder mit auswählen dürfen“, sagt Brinzing.

„In der Migrationsberatung konnte zunächst vieles per E-Mail und Telefon erledigt werden“, blickt Ameen Hamdoon zurück. Der Migrationserstberater für erwachsene Zuwanderer musste dabei die aktuelle Corona-Situation erklären, die Hygienemaßnahmen erläutern oder erklären, was Kurzarbeit bedeutet. Hamdoon schaltete sich für diese Beratung in Viernheim über die neue Plattform direkt bei den Teilnehmern der Sprachkurse zu.

Ähnlich läuft auch die Arbeit der Integrationslotsinnen. Es gab zunächst Telefonsprechstunden und eine zentrale Anlaufstelle im Treff am Bahnhof (TiB). „Die Fragen drehten sich allgemein um Corona, dann vor allem um Schule und Distanzunterricht, aber auch um Kurzarbeit, Kinderzuschlag und Kosten für Kinderbetreuung“, zählt Beata Gergely auf. „Teams“ nutze man inzwischen auch, um an Elterngesprächen mit der Schule teilzunehmen und zu übersetzen. Das Familienprogramm „Als Familie sind wir stark“ hätte Familien gut dabei unterstützt, den veränderten Alltag zu meistern. „Wir konnten es aber nicht durchführen“, bedauert Selma Emekci. Erst ab April soll es drei neue Kurse geben.

Nicht über den Computer, sondern vor Ort findet die Schülerbetreuung statt. Die Schülerbetreuung an den Grundschulen, mit offenen und teiloffenen Konzeptionen und altersübergreifenden Angeboten, war nicht mehr möglich. „Aber ein Grundschüler kann nicht stundenlang allein an einem Tisch sitzen und sich mit sich selbst beschäftigen“, erklärt Christin Zweigler. Zudem habe sich die Zusammensetzung der Gruppen vor allem in der Notbetreuung immer wieder verändert. „Je nach Einrichtung kamen zwischen 15 und 50 Prozent der Kinder“, erläutert Dr. Gerd Baltes. Der Hort am TiB hat noch eine weitere Schwierigkeit: „Dort sind Kinder aus allen vier Grundschulen, die sich möglichst nicht mischen sollen“, sagt Hortleiterin Christine Kieser. Die Gruppen sind seitdem nach Schulen eingeteilt und werden geschlossen betreut. „Eigentlich haben wir gute Erfahrung mit dieser Mischung gemacht“, so Kieser. Sie sieht einen positiven Nebeneffekt: „Je kleiner die Gruppe ist, desto nachhaltiger ist die Betreuung.“

Sandra Usler
Freie Autorin

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