
08 Feb. „Hundertjährige“ fördern Lesekompetenz von Schülern
Soziales – Nachkommen übergeben Kasse des Jahrgangs 1921/22 an Verein Lernmobil / Fachbereich Bürgerkommune der Stadtverwaltung hilft bei Recherchen
Bild: Die Spende der „Hundertjährigen“ überreichen Gerhard Mandel (v.r.) und Thomas Martin an Brigitta Eckert und Cathrin Brinzing vom Verein Lernmobil. Das Geld fließt in das Projekt Leseförderung. © OTHMAR
PIETSCH
Viernheim. In Viernheim wird die Tradition der Jahrgänge besonders intensiv gepflegt. So gibt es etwa eine Chronik der jeweils 50-Jährigen im Museum. Angehörige zahlreicher Gruppen treffen sich bis ins hohe Alter zu Veranstaltungen oder unternehmen gemeinsam Reisen. Außergewöhnlich ist allerdings die Spende, die der Jahrgang 1921/22 nun dem Verein Lernmobil hat zukommen lassen. Nachkommen der „Hundertjährigen“ hatten zufällig das Girokonto des Jahrgangs entdeckt und den Betrag auf die symbolische Summe von 1921,22 Euro aufgestockt. Dr. Thomas Martin, dessen 2015 verstorbener Vater Willy J. Martin als Jahrgangspräsident die Finanzen verwaltet hatte, und Gerhard Mandel überreichten den symbolischen Scheck im Lernmobil-Domizil am Schlangenpfad. Dabei schilderten sie, wie es zu dem überraschenden Fund gekommen ist. „Die Sparkasse Starkenburg hatte wegen einer neuen Bankkarte bei mir angefragt, das Konto selbst war mir allerdings unbekannt. Schließlich stellte sich heraus, dass das Geld dem Jahrgang 1921/22 gehörte und mein Vater damals als Präsident und Schatzmeister verantwortlich war“, berichtete Thomas Martin. Anschließend machte er sich auf die Suche nach verbliebenen Jahrgangsmitgliedern und deren Angehörigen. Danach ging es darum, was mit dem Geld passieren soll, denn der Jahrgang der
„Hundertjährigen“ war natürlich längst nicht mehr aktiv. „Eine Nachfrage bei der Stadt ergab allerdings, dass in Viernheim derzeit sogar noch fünf Jahrgangsmitglieder leben. Das hat uns dann ebenfalls überrascht“, sagte Gerhard Mandel. Auch seine Mutter Auguste lebt noch. „Sie wollte auf eigenen Wunsch ins Forum der Senioren ziehen und feiert dort in wenigen Wochen ihren 101. Geburtstag“, so Gerhard Mandel. Die ehemalige Lehrerin der Schillerschule und der Friedrich-Fröbel-Schule war mit dem Vorschlag einverstanden, das Geld dem Lernmobil zukommen zu lassen. Damit soll das Projekt Leseförderung unterstützt werden. Martin und Mandel bedankten sich bei der Spendenübergabe bei Harald Hofmann vom Fachbereich Bürgerkommune. Dieser habe bei den Recherchen wertvolle Hilfestellung geleistet und das Lernmobil als möglichen Spendenempfänger ins Spiel gebracht. Cathrin Brinzing, Koordinatorin der kommunalen Leseförderung der Grundschulen. und weiterführenden Schulen beim Verein Lernmobil, freute sich über die Entscheidung.
Wichtiger Bestandteil der Bildung
„Gerade die Leseförderung ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Bildung und für das Leben insgesamt. Von den Schulen wurde das Projekt ,Lesen für alle’ gern angenommen. Wir werden demnächst in der Albert-Schweitzer-Schule starten, woeine kleine Gruppe ausgewählter Kinder zweimal pro Woche für zwei Stunden eine Förderung erhält.“
Ihren Dank brachte auch Lernmobil-Geschäftsführerin Dr. Brigitta Eckert zum Ausdruck. „Lesen ist eine zentrale Grundkompetenz für schulische Abschlüsse und auch die Bewältigung des Alltags.“ Ausgangspunkt für die Entwicklung des Programms sei der Zuzug von zahlreichen geflüchteten Familien in den Jahren 2015 und 2016 gewesen. „Zunächst wurden nur die aus dem Ausland zugezogenen Kinder gefördert, jetzt wird die Leseförderung aber sukzessive auf alle Schüler mit Förderbedarf ausgeweitet, denn oft ist auch hier die Kompetenz leider nicht ausreichend vorhanden“, sagte Brigitta Eckert.
Bei den Kindern soll zunächst das Interesse am Lesen geweckt und auch der Sinn solcher Fähigkeiten vermittelt werden. Das gelingt laut Lernmobil nur durch eine „enge Beziehungsarbeit“, bei der es um alltägliche Dinge – wie Bundesliga- Ergebnisse oder Scherzfragen – gehe. In einem zweiten Schritt werde automatisches Lesen geübt, oft mit Unterstützung digitaler Medien.
Othmar Pietsch Freier Autor