08 Aug. Drittklässler lernen für ihre Zukunft
Viernheim (dk) – Trotz Ferien in der Schule zu sein, ist für viele Kinder sicher eine ungewohnte Vorstellung. Aber das Projekt „Deutschsommer“ zeigt, dass genau das auch Spaß machen kann. Denn unter Begleitung eines neunköpfigen Teams werden die 35 Mädchen und Jungen in ihrer Sprach- und Persönlichkeitsbildung gefördert, sollen dabei vor allem intensiv Deutsch lernen. „Schon nach den ersten zwei bis drei Tagen sind die Teilnehmer aus sich heraus gekommen und sprechen teils ununterbrochen. Genau das wollen wir erreichen“, berichtete Koordinatorin Cathrin Brinzing. An der Nibelungenschule herrscht drei Wochen ein vielseitiges, sportliches und kreatives Programm und der Verein Lernmobil als Träger zog bereits ein positives Zwischenfazit. Zu Ende gehen wird die gemeinsame Zeit mit einem Theaterstück, zu dem die Eltern eingeladen sind.
Schon im Jahr 2022 stellte sich der „Deutschsommer“, der in Viernheim für alle interessierten Grundschüler stattfand, als ein Erfolg heraus. Auf spielerische Weise sollen die Mädchen und Jungen verstärkt die deutsche Sprache lernen. Zielgruppe sind Kinder, die Fördermöglichkeiten benötigen und in die 3. Klasse gehen, um den Übergang zwischen 4. Klasse und der weiterführenden Schule zu vereinfachen. Es entstehen neue Möglichkeiten, als im Unterricht. „Wir haben uns sehr gefreut, dass das Lernmobil auf uns zugekommen ist und gefragt hat, ob an unserer Schule das Projekt durchgeführt werden kann“, verdeutlichte Schulleiterin Anke Hofmann. Im Rahmen eines Besuchs überzeugten sich die beteiligten Partner über den Verlauf der ersten Woche. Beteiligt beim Pressegespräch waren, neben der Rektorin, Dr. Gerd Baltes und Cathrin Brinzing vom Lernmobil, Sarah Felicitas Troxel und Jutta Schwarz vom Hessischen Kultusministerium, Rita Schelle, Anja Fischer und Ingo Stechmann (alle vom Staatlichen Schulamt für den Landkreis Bergstraße und den Odenwaldkreis), Christiane Krotz (Koordination Deutschsommer, Lernmobil) sowie Marius Schmidt, Erster Stadtrat der Stadt Lampertheim. Zu Beginn und zum Ende des „Deutschsommers“ sollen Sprachtests zeigen, wie der Sprachstand der beteiligten Kinder ist.
Betreuung durch neunköpfiges Team
In verschiedenen Bereichen, wie beim Ganztagsangebot oder der Leseförderung, ist der Verein Lernmobil an der Nibelungenschule im Boot, sodass das Projekt „Deutschsommer“ eine passende Ergänzung sei. „Denn wir wollen gemeinsam die Kinder fördern und sie unterstützen. Es geht dabei auch um nachhaltiges Lernen, denn das ist für deren Entwicklung ebenfalls entscheidend“, schilderte Geschäftsführer Dr. Gerd Baltes. Die 35 Teilnehmer des Projekts treffen sich in den ersten drei Wochen der Sommerferien jeweils montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr, wobei das Programm aus jeweils zwei Einheiten Deutsch- und Theaterunterricht am Vormittag sowie einem freizeitpädagogischen Angebot mit Workshops und Ausflügen am Nachmittag besteht. Betreut werden die Grundschüler von einem Team, bestehend aus neun Personen – im einzelnen zwei Kräften des Bereichs „Deutsch als Zweitsprache“, zwei Theaterpädagoginnen und drei Sozialpädagogen, wobei eine Sozialpädagogin die pädagogische Gestaltung der Mittagsessenszeit übernimmt. Die Koordination des Projekts „Deutschsommer“ in Viernheim führen zwei Personen.
Eine Besonderheit stellt die interdisziplinäre Zusammenarbeit dar, denn durch die Lektüre des Buchs „Ronja Räubertochter“ ist die inhaltliche Arbeit im gesamten Team verzahnt. Deutsch lernen, lesen üben, Theater spielen und kreativ sein, greifen ineinander. Das Motto der dreiwöchigen Projektwoche lautet daher passend „Ferien, die schlau machen“. Im Vorfeld gab es Austausche mit den Lehrkräften der Grundschulen, die wiederum die Kinder für den „Deutschsommer“ empfahlen. Der Großteil der Kinder kommt aus Viernheim, es sind aber auch welche aus Lampertheim dabei. „Das ist eine Win-Win-Situation und erst kürzlich wurde ein Kooperationsvertrag des Lernmobil mit der Seehofschule Hüttenfeld, was die Schülerbetreuung betrifft, geschlossen. Auch bei der Leseförderung haben wir von Viernheim gelernt und das Projekt in unsere Stadt geholt“, schilderte Erster Stadtrat Marius Schmidt die gelungene Zusammenarbeit zwischen Viernheim und der Spargelstadt. Denn allen Akteuren sei es ein Anliegen, immer im Wohle der Kinder zu handeln. Die Transportkosten nach Viernheim und zurück mit dem Taxi übernehme der Kreis Bergstraße.
Möglichst viel sprechen
Um die Wirkung des Projektes in Form des jeweiligen Sprachstandes der Kinder zu überprüfen, erfolge zu Beginn und zu Ende des „Deutschsommers“ ein Sprachtest. „Das Ergebnis im Vergleich zu letztem Jahr hat mich wirklich umgehauen und erstaunt. Denn die Ergebnisse sind in der Rubrik Wortschatz und Präpositionen überdurchschnittlich gut, während der Satzbau und die Vergangenheit aber Probleme bereiten und hier müssen wir ansetzen“, machte Koordination Cathrin Brinzing deutlich. In vielen Aktionen ist die deutsche Sprache auf spielerische Weise eingebettet. Der „Deutschsommer“ trage darüber hinaus dazu bei, dass sich die Kinder auch in ihren Persönlichkeiten entfalten. Die 35 beteiligten Kinder haben sich schnell in der Gruppe integriert, wobei krankheitsbedingt zum Ende der ersten Woche einige Kinder entschuldigt waren. Die Kräfte des Bereichs „Deutsch als Zweitsprache“ sind ansprechbar, halten sich meist aber eher im Hintergrund. In einer Feedbackrunde berichteten manche Kinder, dass sie noch gar nicht nach Hause wollten, aber es gab auch etwas Kritik, nämlich am Karottensalat, der ihnen nicht schmeckte. Weiterhin sei das Essen meist zu wenig, auch wenn die Verantwortlichen schon reichlich bestellten.
Einen Dank richtete der stellvertretende Amtsleiter des Staatlichen Schulamts für den Landkreis Bergstraße und den Odenwaldkreis, Ingo Stechmann, an die Akteure vor Ort, denn das Projekt „Deutschsommer“ sei mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden. So müsse auch das Konzept auf dem Papier in die Praxis umgesetzt werden. Denn im regulären Unterricht lasst sich solch ein umfassendes Programm nicht etablieren. „Da besteht eine ganz andere Taktung“, ergänzte Baltes. Das Alter der Kinder aus den Intensivklassen ist breit gefächert. Zum Ende der drei Wochen wird das Theaterstück „Ronja Räubertochter“ den Eltern aufgeführt. Alle interessierten Eltern sind hierzu am Donnerstag, 10. August, um 16 Uhr in die Turnhalle der Nibelungenschule eingeladen.
Ins Leben gerufen wurde der „Deutschsommer“ im Jahr 2007 von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. So verfolgt diese das Ziel, mit ihren Projekten den unmittelbaren Nutzen zu entfalten und Menschen konkret zu stärken. Vielseitige Angebote stehen zur Verfügung. Das Angebot des Deutschsommers umfasst Sprachunterricht in Kleingruppen, Theaterstunden und Freizeitaktivitäten. 2016 erhielt das Projekt den Kulturpreis Deutsche Sprache. Dem Verein Lernmobil ist es seit Jahrzehnten ein Anliegen, passgenaue Angebote für Erwachsene wie auch für Kinder zu schaffen und stetig weiterzuentwickeln. Für Kinder gibt es unter anderem das Förderzentrum Hort am TiB, bei dem das Augenmerk auf der Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund liegt. Dort willkommen sind alle Mädchen und Jungen der Viernheimer Schulen von der 1. bis zur 6. Klasse. Auf diesem Weg erhalten sie eine schulbegleitende Förderung am Nachmittag mit Hausaufgabenbetreuung, differenzierte Sprachförderung, Projekt- und Freizeitangeboten.