Künstlerinnen zeigen „Das erste Mal“ ihre Werke in Viernheim

Künstlerinnen zeigen „Das erste Mal“ ihre Werke in Viernheim

Eine Ausstellung in der Sparkassenpassage in Viernheim thematisiert die fehlende Anerkennung und Sichtbarkeit von Frauen in der Kunstszene

5.3.2024, Von Roland Schmellenkamp

Bild: Kristin Münck zieht das Packpapier von ihren Porträts. © Roland Schmellenkamp

Eine Frau bewegt sich zwischen den 50 Gästen in der Sparkassenpassage. „Wo muss ich jetzt hin?“ und „Entschuldigung!“ sagt sie. Kurz darauf sitzt sie neben anderen Frauen auf Stühlen, lässt eine große Mappe fallen, der Inhalt verteilt sich auf dem Boden, sie sammelt alles ein und geht. Cathrin Brinzing stellt in den Szenen zur Eröffnung der Ausstellung „Das erste Mal“ eine offensichtlich unsichere Frau dar.

Noch bis 12. April

  • Die Werke von Meral Duncan Durakcay, Gonca Karagöz, Ester Jeck, Nadine Maier, Kristin Münck, Siegrun Stober, Wiebke Stülpner, Roswitha Thoms und Anja Wetzel sind noch bis zum 12. April zu sehen.
  • Die Ausstellung ist Teil der Aktionen zum „Frauenmonat“, unter anderem mit dem „Equal Pay Day“ am 6. März sowie dem Weltfrauentag am 8. März.
  • Das „Frauen Art Café“ in der Sparkassenpassage will künftig zwanglosen Austausch von kreativen Frauen ermöglichen, auch Workshop-Angebote sind geplant.

Die Bilderschau ist ein Bestandteil des Kunstformats „4 LeMo – Frauen Art sicht-bar“, verantwortlich ist Suse Nees. Sie erklärte zum Titel der Ausstellung, dass das „erste Mal“ in unserer Gesellschaft schambesetzt oder tabuisiert sei, zum Beispiel bei der Sexualität: „Hüllen fallen, ein verletzlicher Zustand.“

Auch die Ausstellung ist für die Frauen ein „erstes Mal“, denn die neun Künstlerinnen haben ihre Werke noch nie öffentlich gezeigt. Nees: „Wie werde ich sein, wie komme ich an, wie bin ich im Vergleich zu anderen, was werden andere von mir denken? Das werden sie sich vorher gedacht haben.“ Zum Teil seien die Frauen schon seit vielen Jahren künstlerisch tätig, sie haben sich auf einen Aufruf des Lernmobils im vergangenen Jahr gemeldet, um an der Gruppenausstellung teilzunehmen. Neesbetont die Vielfalt der Stilrichtungen, sie reichen von Acryl- und Ölfarben bis Häkel- und Filztechnik. Sie erklärte auch, dass es über Jahrtausende eine fehlende Anerkennung und Sichtbarkeit für weibliche Künstlerinnen gebe.

Mutter und Tochter

Eine Besonderheit ist bei „Das erste Mal“, dass Mutter und Tochter gleichzeitig Werke präsentieren: Das sind Meral Duncan Durakcay (79) und Gonca Karagö (52). Die Tochter zeigt kleine Landschaftsbilder auf Leinwand, die sie mit Kugelschreiber zeichnet. Karagö, die früher fürs Lernmobil arbeitete, hatte die Gewohnheit kleine Bilder in ihr Notizbuch zu kritzeln. So kam es zur Idee, dies auch auf kleinen Leinwänden zu machen. Ein Motiv zeigt die Meerenge bei Istanbul, den Bosporus. Ihre Mutter malt seit der Grundschule, dies auch auf Holz – zum Beispiel kleine Tische – sowie Glas und Tellern: „Ich bin da nicht festgelegt.“ In der Ausstellung zeigt sie das Bild „Eine tropische Reise“.

Roswitha Thoms (68) malt noch nicht so lange, hat aber bereits rund 25 Bilder geschaffen. „Ich habe immer etwas Kreatives gemacht, zum Beispiel genäht.“ Sie arbeitet mit Pasten und verwendet auch eine Technik, bei der die Farben gegossen werden. Sie zeigt auch ein Bild auf einer OSB-Platte, die aus gepressten Holzteilen besteht und im Gebäudebau häufig verwendet wird. Ihre Ideen entstehen über Videos, die sie sich im Internet anschaut.

Mut zu neuen Wegen

Brigitta Eckert vom Lernmobil betonte in ihrer Ansprache, dass „Kunst ein wichtiges Mittel der Ausdrucksweise ist, vor allem wenn man die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrscht“. Neue Wege zu beschreiten brauche Mut, und diesen würden die Frauen haben, die zum ersten Mal ihre Werke öffentlich ausstellen. Hintergrund: Das Lernmobil besteht seit 35 Jahren, „Integration durch Bildung“ ist das Motto. Angeboten werden unter anderem Ganztagsbetreuung, Sprach- und Integrationskurse, Migrationsberatung, interreligiöser Dialog und es gibt ein Lesemobil.